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Bis 2030 sollen in Deutschland mindestens 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Eine besondere Rolle spielt die Energieerzeugung durch Windkraftanlagen – ist sie in künftigen Szenarien als Technologie mit der höchsten Stromproduktion eingeplant. Um das zu erreichen, hat die Bundesregierung zwei Prozent der Landesfläche für den Bau von Windrädern vorgesehen: Das entspricht einem Flächenumfang von rund 715.000 Hektar.
Auf landwirtschaftlichen Nutzflächen im Offenland haben sich Windräder seit den 1990er Jahren etabliert. Weitere geeignete Flächen in ausreichender Distanz zu Ortschaften sind rar. Eine Alternative sind Windkraftanlagen im Wald, insbesondere für Bundesländer mit einem hohen Anteil forstwirtschaftlich genutzter Flächen. Die technische Anlagenentwicklung der vergangenen Jahre macht es möglich: Stetig wachsende Generatorleistungen und Turmhöhen sowie schwachwindoptimierte Anlagentypen ermöglichen auch über den Baumwipfeln eine wirtschaftlich rentable Stromerzeugung. Die wesentlichen Funktionen des Forsts bleiben dabei erhalten: Waldökologie, Forstwirtschaft, Jagdbetrieb und – nicht zuletzt – Erholungsraum für seine Besucher.
Anteil der Waldfläche in Deutschland nach Bundesländern
(Quelle: Statistisches Bundesamt)
Was umgangssprachlich als „Wind im Wald“ bezeichnet wird, ist mit „Windenergie auf forstwirtschaftlichen Nutzflächen“ besser umschrieben. Waldgebiete mit besonders wertvollen Laub- und Mischwäldern oder mit besonders hoher ökologischer Wertigkeit kommen für Windkraftanlagen nicht infrage. Neben Naturschutzgebieten schließt das Bundesamt für Naturschutz (BfN) unter anderem auch Wälder mit altem Baumbestand, mit Bodenschutzfunktion oder Flächen mit kulturhistorisch wertvollen oder landschaftsprägenden Beständen aus. Der Artenschutz steht besonders im Fokus: In Gebieten mit Vorkommen gefährdeter beziehungsweise störungsempfindlicher Arten sowie Wanderkorridore von Vögeln und Fledermäusen dürfen Windkraftanlagen nur mit Auflagen oder gar nicht entstehen.
Mögliche Standorte in Wäldern
Als potenzielle Standorte für Windkraftanlagen kommen vor allem junge und monokulturell genutzte Wirtschaftswälder infrage. Manchmal können auch sogenannte Kalamitätsflächen genutzt werden, bei denen der Baumbestand durch Stürme oder Schädlinge geschädigt wurde. Maßnahmen zur ökologisch gleich- oder hochwertigeren Wiederaufforstung werden in einigen Fällen erst dadurch finanzierbar, dass Waldbesitzer die Flächen teilweise für die Aufstellung von Windkraftanlagen verpachten und so Einnahmen erzielen. Dieser Tatsache tragen bereits heute zahlreiche Bundesländer in ihren Waldgesetzen Rechnung.
- einen erhöhten Untersuchungsumfang zum Artenschutz für
- Fledermäuse (Arten, Aktivitäten, Quartiere etc.)
- waldbewohnende Vögel (Brut und Zug)
- weitere Arten (z. B. Wildkatze, Haselmaus)
- einen besonderen Aufwand bei der Erschließung durch
- sorgfältige Standortplanung unter Einbeziehung der Forstbehörde
- optimale Planung der Infrastruktur (z.B. Wegebau, Kurvenradien)
- Aus- und Umbau der Forstwege (Wege erhalten nach Schwertransportnutzung wieder ein Rundprofil)
- Rodung außerhalb der Vegetationsperiode
- einen höheren Ausgleich des Rodungsumfangs (Ersatzaufforstungen)
Wer glaubt, dass für Windkraft ganze Wälder abgeholzt werden, der irrt. Für den Bau eines Windrads im Wald müssen zwar Bäume gefällt werden, aber es handelt sich um eine überschaubare Fläche. Während der Baumaßnahmen entstehen pro Windkraftanlage etwa 0,8 bis 1 Hektar Rodungsfläche. Ein Teil davon wird gleich im Anschluss wieder aufgeforstet. Nicht renaturierbar sind in der Regel ein schmaler Zufahrtsweg und ein Teil des Fundaments. Übrig bleibt laut Fachagentur Windenergie an Land eine durchschnittliche Freifläche von 0,46 Hektar. Zum Vergleich: Ein Fußballfeld liegt bei 0,7 Hektar. Diese Fläche ist zwar während des gesamten Betriebszeitraums frei von Baumwuchs, nach Nutzung der Anlage (etwa nach 20 bis 25 Jahren) kann sie aber innerhalb weniger Jahre renaturiert werden. Zudem ist der Anlagenbetreiber verpflichtet, als Ausgleich zur Flächennutzung an anderer Stelle aufzuforsten – mit Pflanzenarten, die dem Klimawandel besser trotzen als herkömmlicher Forst. Auf lange Sicht könnten die im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb einer Windenergieanlage erforderlichen Rodungen daher sogar zu einem Zuwachs von Waldfläche führen.
Windkraftanlagen statt Kahlflächen
Oftmals werden Windkraftanlagen dort aufgebaut, wo durch Forstwege bereits eine Infrastruktur besteht oder gar keine Bäume mehr wachsen – etwa, weil sie Unwettern, Trockenperioden oder dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen sind. Dann bietet Windkraft den Waldeigentümern in ihrer erschwerten Situation eine zusätzliche Einnahmequelle, um geschädigte Flächen mit klimaresistentem Mischwald wieder aufzuforsten.
Wichtiges Signal aus Karlsruhe: Windrad-Verbot im Wald ist verfassungswidrig
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat im November 2022 festgestellt, dass ein Gesetz in Thüringen, das Waldeigentümern den Bau von Windanlagen untersagt, unvereinbar mit dem Grundgesetz ist. Zu der Verhandlung kam es, weil mehrere Waldeigentümer gegen das Gesetz geklagt hatten und dieses als einen unverhältnismäßig hohen Eingriff in ihr Privateigentum kritisierten. Die Entscheidung der Karlsruher Richter sei laut Bundesverband WindEnergie ein wichtiges Signal für die Bereitstellung dringend benötigter Flächen. Nicht nur in Thüringen, sondern auch bundesweit.
Moderne Windkraftanlagen haben mittlerweile eine Nabenhöhe von etwa 160 bis 180 Metern – damit ragen sie deutlich über die Baumwipfel hinaus. Für die Rotorblätter muss daher kein Platz durch Waldrodung geschaffen werden. Die etwa 0,46 Hektar der benötigten Fläche setzen sich so zusammen:
- Für die Stabilität benötigt ein Windrad ein Fundament aus Stahl und Beton. Es hat je nach Modell einen Durchmesser von etwa 24 bis 28 Meter.
- Im Umkreis der Windkraftanlage muss ausreichend Platz für einen Kran vorhanden sein – er ermöglicht Installation, Wartung und Reparaturen.
- Zufahrtswege zur Windkraftanlage müssen so beschaffen sein, dass die bis zu 85 Meter langen Rotorblätter auf Sonderlasttransportern sicher ans Ziel gelangen.
Etwa ein Drittel der Bundesrepublik ist bewaldet: Das entspricht einer Fläche von zirka 10,7 Millionen Hektar. Laut Umweltbundesamt ist die bewaldete Fläche in Deutschland in den vergangenen Jahren leicht geschrumpft: 2012 betrug die Waldfläche noch etwa 11,4 Millionen Hektar. Vor allem klimabedingte Schäden wie Stürme, Dürreperioden und Schädlingsbefall haben zu Waldverlusten geführt.
Für die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald braucht es freie Fläche. Diese lässt sich durch platzsparende Montagekonzepte und günstige Standorteigenschaften reduzieren, zum Beispiel bei geringer Geländeneigung oder bereits vorhandenen Forstwegen. Mit durchschnittlich 0,46 Hektar dauerhafter Umwandlungsfläche gehört Windkraft im Wald zu den platzsparendsten Energieerzeugungsarten.
Laut Fachagentur Windenergie an Land wurden in Deutschland bis Ende 2023 etwa 2.450 Windräder im Wald gebaut. Diese Anlagen haben eine Gesamtleistung von 6.610 Megawatt (MW), was elf Prozent der gesamten installierten Windenergiekapazität in Deutschland ausmacht. Die dafür genutzte Fläche beträgt etwa 1.130 Hektar, was weniger als 0,01 Prozent der gesamten Waldfläche Deutschlands darstellt.
Ob mit zusätzlichen Solarparks, schwimmenden Solaranlagen, Wasserkraftwerken oder Windrädern: Deutschland wird in Zukunft zu Land und zu Wasser weiter in erneuerbare Energien investieren. Dank technologischer Weiterentwicklung sind inzwischen auch Wälder als Standorte für Windräder möglich. In Höhenlagen herrschen dort oftmals bessere Windverhältnisse als im Flachland. Vorrangig kommen bereits geschädigte Forstflächen in Frage, um möglichst wenig gesunde Bäume fällen zu müssen. Im Gegensatz zu vielen Offenlandgebieten sind Forstflächen weitestgehend siedlungsfern und entsprechen damit naturgemäß einem hohen Anwohnerschutz.
Klimawandel als größte Gefahr für den Wald
Nicht nur wir Menschen brauchen und schätzen den Wald als Erholungsraum, Rohstofflieferanten und nicht zuletzt als CO₂-Speicher. Auch für zahllose Tier- und Pflanzenarten ist der Wald Lebensraum und Rückzugsort. Seine Funktionen kann der Wald aber nur erfüllen, wenn er gesund und widerstandsfähig ist. Mit Windkraftanlagen lassen sich Wirtschaftswälder um eine CO₂-sparende Nutzungsform erweitern – eine wichtige Maßnahme gegen den Klimawandel. Die Rodung für die Windräder wird durch die Pflanzung neuer Mischwälder mit widerstandsfähigeren Bäumen kompensiert, die wiederum als neue CO₂-Speicher fungieren.
Windkraft als Einnahmequelle für Waldschutz
Für Waldbesitzer ist Windkraft im Wald eine dringend benötigte Einnahmequelle, um Aufforstung, Waldumbau und Waldschutz weiter vorantreiben zu können. Einnahmen aus der Verpachtung von Waldflächen in öffentlicher Hand kommen den umliegenden Kommunen zugute.